Bei den Paralympics 2016 in Brasilien gewann der dreifache Parakanu-Weltmeister Tom Kierey im Sprint über 200 Meter die Silbermedaille. Einige Wochen zuvor hatte er sich mit einem Besuch der Paddelgruppe der USE gGmbH für das Sponsoring durch das Sozialunternehmen bedankt und über finanzielle Engpässe im Behindertensport gesprochen.
„Da kommt er ja schon“, freuten sich die etwa 20 Teilnehmer der Paddelgruppe des Union Sozialer Einrichtungen – Sozialpädagogischer Wassersport (USE-SOWAS) e.V., als Tom Kierey Ende Juni 2016 den Holzsteg des Vereinsgeländes in Berlin-Grünau an der Dahme ansteuerte. Standesgemäß hatte sich der dreifache Weltmeister im Parakanu mit seinem Trainingsboot auf den Weg gemacht, um der Gruppe einen Besuch abzustatten. In lockerer Runde gab Kierey, der wegen einer Behinderung im rechten Bein in der Startklasse KL3 fährt, zahlreiche Paddel-Tipps und berichtete von seiner Teilnahme an den Paralympischen Spielen in Rio, wo er im September Silber holte. Unterstützt wurde er dabei von der USE, die ihm ein Warmwassertraining zur Vorbereitung auf die ungewohnten klimatischen Bedingungen ermöglicht hatte.
Weltmeisterlich paddeln
Bei Kiereys Termin in Grünau zog jedoch zunächst ein anderer, heimlicher Star die Aufmerksamkeit auf sich: Das Trainingsboot, mit dem Kierey fast täglich auf der Dahme unterwegs ist. Als er es mit einer lässigen Armbewegung aus dem Wasser holte, staunten die USE-Paddler nicht schlecht. Alle wollten das Boot einmal selbst anheben und wissen, wie schwer, wie lang es ist, und aus welchem Material es besteht. Aber auch, ob es nicht anstrengend sei, so ganz ohne Rückenlehne fahren zu müssen. Bevor diese Fragen beantwortet wurden, stand allerdings ein anderer Punkt auf dem Programm. Wie im Sport üblich, wurde auch das USE-Sponsoring mit entsprechenden Firmenlogos besiegelt, die die Druckerei der Werkstatt für behinderte Menschen (WfbM) der USE vorbereitet hatte.In Rio war Werbung zwar verboten, aber auf seinem Heimrevier, der Dahme, kenne bald jeder die USE, versicherte Kierey – und klebte das USE-Logo gekonnt auf beide Seiten des Trainingsboots und das Doppelpaddel. Dass Kierey, der nach seinem Studium eine Ausbildung zum Sportboote-Bauer anstrebt, sein Handwerk beherrscht, zeigten auch seine Ausführungen zu dem rund 3.500 Euro teuren Sportgerät: „Jeder Hersteller versucht, die Maximallänge auszunutzen und das Mindestgewicht knapp zu halten, denn Länge ist Gleitfähigkeit und Gewicht macht langsam“, erklärte er seinen aufmerksamen Zuhörern. Mit einem solchen Boot seien im Rennen dann Geschwindigkeiten von mehr als 22 Kilometer pro Stunde möglich.
Finanzielle Schieflage
Wie Hendrik Lüttschwager, USE-Sportkoordinator sowie Vereinsvorstand des USE-SOWAS e.V., sich während Kiereys Besuch erinnerte, sei das Sponsoring bei einem Business Dinner zustande gekommen. Bei der Veranstaltung im Herbst vergangenen Jahres warben der Verein Berliner Wirtschaftsgespräche und der Behinderten-Sportverband Berlin um mehr Unterstützung für die Paralympics. Als einer der Ehrengäste habe Kierey sehr eindrucksvoll die finanziellen Probleme behinderter Leistungssportler beschrieben, wobei vieles sogar privat finanziert werden müsse.Im Gegensatz zu anderen Ländern werde laut Kierey in Deutschland noch viel zu wenig in den Behindertensport investiert. „In diesem Vergleich verlieren wir, aber haushoch“, fiel sein ernüchterndes Urteil aus. So würden beispielsweise russische Parasportler gut von ihrem Gehalt leben können. Kierey hatte sich deshalb gewünscht, dass die Spiele in Rio für genügend Aufmerksamkeit sorgen, um den paralympischen Sport für Investoren attraktiver zu machen. Immerhin wurden Parakanu-Wettkämpfe bei diesen Spielen erstmals als paralympische Disziplin ausgetragen, mit dem sympathischen Berliner fast ganz oben auf dem Treppchen.